ohne Titel, 2020
In der Arbeit von Ulrike Möschel kommt das Momenthafte der Gegenwart im Augenblick der Reflexion durch eine spiegelnde Oberfläche zum Tragen. Dafür nutzt sie Blattsilber, ein altes und traditionelles Material für die Herstellung von Spiegeln.
ohne Titel, 2020
In Dresden erweitert Ulrike Möschel diese Arbeit durch die Verwendung von Blattgold um einen Aspekt, der eine Auseinandersetzung mit einer Vorstellung von Zukunft oder dem Zukünftigen reflektiert. Gold ist ein Material, das kunsthistorisch, betrachtet vor allem in der Gotik auf das zukünftige Reich Gottes, das Paradies, das heilige Jerusalem verweist und somit einen Gedanken, der Hoffnung in sich trägt.
Auch, wenn die Architektur des GEH 8 nur sehr entfernt mit dem einer gotischen Kathedrale assoziiert werden kann, so nimmt Ulrike Möschels Arbeit den Aspekt der Höhe und des in die Höhe strebens in ihrer Arbeit auf. Dieses in die Höhe Streben ist in der Arbeit allerdings gebrochen, gestaucht und droht zu fallen.
Drachengestänge, 2018-20
Für die Ausstellung Sehnsucht nach dem Jetzt habe ich anhand einer Raute, einer Form, die von einem Kinderdrachen abgeleitet ist, Gedanken zu Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit durchgespielt. Die Materialoberfläche ist hier von besonderer Bedeutung.
Der Drachen, der in einer vorherigen Version ein flugunfähiger aus Stahl und Blei war, hat seine äußere Form behalten. Die Drachenrauten sind miteinander verkettet wie ein großes Schmuckstück. Sie fallen zu Boden und versuchen erneut emporzusteigen.
Für die „Gegenwart“, dem Ausstellungsteil in Schloss Biesdorf in Berlin, waren Teile der Arbeit mit Silber umhüllt, einem Material, aus dem traditionell Spiegel, die den momenthaften Blick einfangen, gefertigt wurden.
Das „Zukünftige“ (die Ausstellungsversion in Dresden) fand sich in der Verwendung von Blattgold wieder: Dieses steht für Hoffnung, das eschatologische Heilsversprechen, das Sonnenlicht Gottes in der Gotik reflektierend. Für was wird reines Gold stehen?
In Düsseldorf, wo die „Vergangenheit“ thematisiert wird, kommt oxidiertes, gealtertes Kupfer hinzu, eine giftige künstliche Patina überzieht die Kupferrohre.
Weil unser Zeitverständnis etwas ist, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinanderfließen, tauchen alle Materialien und die mit ihnen kulturhistorisch verknüpften und assoziierten Zeitebenen gleichzeitig in der Arbeit auf. Das Drachengestänge ist nun vollständig.
Die wage Kindheitserinnerung des Steigenlassens eines Drachens ist einem künstlerischen Abstraktionsprozess gewichen, der etwas anderes hat entstehen lassen.
Das Kupfer ist das unbehandelte, rohe Material. Etwas, auf dessen Oberfläche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft thematisiert sind. Ist all unser Zeitverständnis Oberfläche? Was ist darunter? Eine andere Dimension der Zeit?
Thematische Schwerpunkte Ulrike Möschels bildhauerischer Arbeit sind Unsicherheiten, Fragilitäten, Architektur und Kindheit. Diese Auseinandersetzungen werden variiert und miteinander verknüpft. Die Künstlerin beschäftigt sich mit Veränderungen von alltäglichen Gegenständen und der gewohnten Wahrnehmung von Räumen. Vertraute Dinge entwickeln im Rahmen der künstlerischen Arbeit oft ungeahntes skulpturales und poetisches Potenzial. Dabei können Verunsicherungen, Verrückungen, Zerbrechlichkeiten, absurde Dysfunktionen und visuelle Irritationen entstehen.
Diese Arbeiten finden ihren Platz sowohl im Innen- als auch im Außenraum.
Für die Ausstellung Sehnsucht nach dem Jetzt entwickelt Ulrike Möschel eine eigene Arbeit, die sich von Ausstellungsort zu Ausstellungsort verändern und jeweils um ein zusätzliches Material erweitern wird.
In der Grundfigur besteht die Arbeit aus Kupferrauten, die die Form eines Drachen aufnehmen und ineinander verkettet sind.
In der Ausstellung in Berlin, mit dem Thema Gegenwart, kommt das Momenthafte der Gegenwart im Augenblick der Reflexion durch eine spiegelnde Oberfläche zum Tragen. Dafür nutzt Möschel neben dem Kupfer Blattsilber, ein altes und traditionelles Material für die Herstellung von Spiegeln.
In Dresden wird die Zukunft als Hoffnung auf das Jenseits durch die weitere Verwendung von Blattgold thematisiert. In Düsseldorf verweist Möschel mit zusätzlichen, grün oxidierten Oberflächen auf Vergangenes.
Vita | ||
1972 | geboren in Münster | |
lebt und arbeitet in Düsseldorf | ||
1994–1998 | Studium an der Kunstakademie Münster bei Ulrich Erben und Timm Ulrichs | |
1998–2001 | Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Jannis Kounellis | |
1999 | Meisterschülerin bei Jannis Kounellis | |
2008-2011 | Lehrauftrag an der Bergischen Universität, Wuppertal | |
2014 | Teilnahme am Mentoring Programm der Universität der Künste, Berlin | |
Stipendien | ||
2016 | Stipendium des Kunstfonds, Bonn | |
2015 | Stipendium des Frauenkulturbüros NRW für Georgien | |
2014 | Residenzstipendium Schloß Ringenberg, Hamminkeln | |
2012 | Residenzstipendium, Villa Kamogawa, Kyoto, Japan | |
2011 | Residenzstipendium Künstlerdorf Schöppingen | |
2010/11 | Istanbulstipendium der Kunststiftung NRW | |
2009 | Residenzstipendium Schloss Ringenberg, Hamminkeln | |
Staatskanzlei NRW Düsseldorf Katalogförderung | ||
Gesellschaft für westfälische Kulturarbeit, Münster | ||
Nachwuchsförderung Katalog, Kunststiftung NRW, Düsseldorf | ||
2000 | Georg Meistermann-Stipendium, Künstlergraduiertenförderung des Cusanuswerkes, Bonn | |
1999 | Künstlerförderung des Cusanuswerkes | |
Reisestipendium des Kunstvereins Düsseldorf und der Stadtsparkasse | ||
Stipendium der Künstlerförderung des Cusanuswerkes, Bonn | ||
Einzelausstellungen (Auswahl) | ||
2017 | Arbeit im öffentlichen Raum, Longli International New Media Art Season, Longli/Guizhou, China | |
2016 | LESEZIMMER – gitti gök, Fassadenschrift an der Brandwand Ackerstraße 3 , GASTHOF WORRINGER PLATZ, Düsseldorf | |
2014 | November, Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf | |
2013 | Der Winter dauerte vierundzwanzig Jahre, Projektraum Honigbrot, Köln | |
2011 | Krisen und Utopien, eine Ausstellungsfolge im Kunstverein Wuppertal | |
2011 | Blinded by the light, Kjubh, Köln | |
2009 | long way, Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf | |
2008 | return of the hunters, Kunstverein Bochum | |
2007 | so feel undso wenig, Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf | |
2019 | a postcard from wonderland, Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf | |
2019 | Tres Chic – Mode in der Kunst, Kunstverein Ludwigsburg | |
2018 | Blue Container Project, Art Galerie Usbekistan, Taschkent | |
2018 | Alumniausstellung der Frauenkulturbüros, Armenien Art Fair, Goetheinstitut Yerevan, Armenien | |
2017 | Tavidan-Georgien & Deutschland im Dialog, Künstlerbuch-Präsentation, Museum Goch | |
2016 | Rundblick reloaded, Ausstellung des Kunstvereins Kirschenpflücker e.V. | |
2016 | Kunstverein Kölnberg, Köln | |
2016 | open spaces – under construction, Fabrik Herding, in Kooperation LWL Textilmuseum, Bocholt |
Website: Ulrike Möschel
Galerie Rupert Pfab